Senta

Senta

Sonntag, 21. August 2011

Begegnung am Strand


Heute haben endlich meine Ferien begonnen. Der erste Schreibkurs auf Fehmarn startete gestern mit Erfolg - ganz anders als geplant und noch viel besser als gedacht. Und statt am Sonntag noch einmal zu tagen, wird es erst in den nächsten Wochen weitergehen. Mein Buch zum wissenschaftlichen Arbeiten am Mac ist nun endlich fertig, heute habe ich die letzte Mail an den Verlag geschickt, um das Cover freizugeben. Und jetzt wird es gedruckt. Freitag sind unsere Verwandten nach Köln zurück gefahren, sie waren eine Woche hier und wir haben jeden Tag zusammen gekocht, gegessen und gelacht.

Da war es so richtig passend, dass seit gestern herrliches Sommerwetter ist. Trotz Ferien stand ich heute morgen wieder früh auf, denn Senta wartet ja auf mich und ihr Frühstück. Sie ist jetzt fast vier Monate alt, wiegt schon fast 20 kg und kann die Treppe hinauf und hinunter laufen. Wenn ich zu lange schlafe, kommt sie nach oben und erwartet mich - oder sie schläft dort noch einmal eine Runde.

Heute nun war ein strahlender Sommertag - davon haben wir in den letzten Wochen nicht allzu viele gehabt. Es hat gestürmt und geregnet, einmal sogar 60 Stunden am Stück. Wenn Fehmarn tatsächlich das regenärmste Gebiet Deutschlands ist - wie war es dann erst woanders? Heute Morgen strahlte die Sonne und der Himmel war tiefblau - ich beschloss, mit Senta zum Strand zu fahren. Frühmorgens würden noch nicht so viele Touristen da sein, die sich durch Hunde gestört fühlten. Ich lud Senta ins Auto und startete Richtung Südstrand, aber unterwegs änderte ich spontan die Richtung und gelangte zu dem Dörfchen Gold, wo ich noch nie gewesen war.


Dort ist ein unbewachter Naturstrand, und Senta freute sich, dass sie ins Wasser gehen konnte. Wir liefen den Strand entlang und gingen dann weiter auf einem Deich, von wo aus man die ganze Bucht von Lemkenhafen überblicken und in die andere Richtung zur Fehmarnsundbrücke schauen konnte. Angesichts von Sand, Wasser und einem kräftigen Berner Sennen Welpen hatte ich diesmal meine Spiegelreflexkamera nicht mitgenommen, sondern nur die kleine Digicam.



Mit einem Mal rief eine junge Frau in Surferkleidung vom Strand zu uns: „Oh, was für ein süßer Hund - ist der jetzt so etwa vier Monate alt? Ich bin Hundezüchterin, darf ich mal zu Ihnen kommen?“ Und schon kam sie zu uns und schmuste mit Senta. Ich sagte, oh wie schade, hätte ich doch meine Kamera dabei, aber sie lachte und meinte, sie würde mit ihrem iPhone fotografieren und mir das per Email zuschicken. Unser Hündchen hat leider immer noch keine sichere Beißhemmung, das merkte die junge Frau auch. „Darf ich ein wenig mit Senta trainieren?“ fragte sie, „kommen Sie doch mit zum Strand hinunter und trinken Sie einen Tee mit mir.“ Sie half mir über den steilen Abhang hinunter zum Strand und ich setzte mich auf ihr Badetuch.


Und dann war ich fassungslos, wie die junge Frau mit Senta umging und zeigte, wie man ihr die Beißhemmung beibringt. Das hatte ich bisher nur gelesen, und gerade gestern hatte ich Kontakt über das Internet mit einer Hundetrainerin aufgenommen, die demnächst mal zu uns nach Fehmarn kommen will. Nun aber hatten wir hier am Strand eine leibhaftige Hundetrainerin getroffen! Sie spielte mit Senta, trainierte verschiedene Befehle und erläuterte mir alles, was sie mit Senta machte. Ich konnte in Ruhe fotografieren, vor allem aber darüber staunen, wie sich Sentas Verhalten veränderte. Sie lief ohne Leine über den Strand, tobte hinter der jungen Frau durchs Wasser, lauschte ihrem leisen Ruf auf weite Entfernung - und gehorchte.


Es war wie im Märchen - ich schaute auf den Strand, den blauen Himmel und das blaue Meer und freute mich. Wieder mal war ein Wunsch in Erfüllung gegangen, ohne dass ich damit gerechnet hatte. Ich wollte eine psychologisch versierte Hundetrainerin kennenlernen, seit ich einige Bücher zum Thema Hundesprache und Kommunikation mit Hunden gelesen habe. Und nun hatte ich einfach eine getroffen, hier am Strand von Gold. Wieder einmal ist es mir passiert, genau den Menschen zu treffen, an den ich gerade gedacht hatte.


Die junge Frau stimmte zu, als ich sagte, ich wolle mit Senta nicht zu einer der üblichen Hundeschulen gehen. Wir unterhielten uns ein wenig und sie erklärte mir einiges, was ich im Alltag schon erprobt hatte, z.B. wie wir es beim Empfang von Besuch halten sollten. Viele Leute kommen nämlich zu uns, begrüßen nicht mich oder meinen Mann, sondern beschäftigen sich nur mit Senta. Und dann wundern sie sich, wenn Senta später meint, das wäre ihr Besuch und fordert, dass sich der Besuch weiter mit ihr beschäftigt. Unsere Verwandten, die ja acht Tage lang da waren, hatten schnell gemerkt, wie man am besten mit Senta umgeht: Unsere Schwägerin, die Angst vor dem Beißen hatte, ignorierte Senta einfach. Und Hans Christians Bruder brachte ihr ein Spielzeug und an anderen Tagen ein Stückchen Wurst mit. Er spielte ein wenig mit Senta und ging auch mit ihr spazieren - und dann konnten wir den ganzen Abend in Ruhe kochen und essen, ohne dass wir etwas von Senta gemerkt hätten.

Die Hundetrainerin versprach, bald einmal zu uns zu kommen. Denn Hans Christian traut sich noch nicht so recht mit Senta umzugehen, auch weil sie manchmal vor Freude beißt. Die Welpenzähnchen können sehr scharf sein ... Aber die beiden mögen sich, das merken wir immer wieder, wenn Senta Hans Christian ableckt und ihm ihre dicke Pfote aufs Knie legt, oder wenn sie sich auf der Liege über ihn wirft und ihn ungestüm liebkost.

Die Hundetrainerin lief mit Senta durchs Wasser, sie zeigte, wie man schwimmt und Senta machte das gleich nach. Ab und zu wurde es Senta zu viel und sie kam im rasenden Tempo mit wehenden Ohren in meine Arme gelaufen - nass und voller Sand. Schließlich lag sie ermattet im Sand und schaute gelassen den drei Männern zu, die ihr Kitesegel vorbereiteten. Keine Kontaktaufnahme, kein Beißen, nichts - ein ganz lieber, zufriedener Hund lag da und betrachtete seine Umwelt.


„Ich gehe jetzt ohne Abschied“, sagte die Hundetrainerin, „nehmen Sie Senta an die Leine und gehen Sie einfach weg.“ Und so geschah es. Ich hatte den liebsten Hund, der ohne zu zögern oder an der Leine zu ziehen mit mir bis zum Auto ging.

Zu Hause konnte ich noch nicht fassen, was geschehen war. Die junge Frau rief an und kündigte ihren nächsten Besuch an. Ich sagte, dass ich immer noch staune, was uns passiert ist. Aber sie meinte nur, wir sollten uns nicht wundern, der liebe Gott führt uns eben so auf unseren Wegen, wie es gut für uns ist.

Beate Forsbach
Neujellingsdorf, 21. August 2011

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2 Kommentare:

  1. Liebe Beate,

    Vielen Dank fuer den anschaulichen Bericht, man hat das Gefuehl, man ist direkt mit dabei. Wie schoen, dass es Euch mit Senta so gut geht. Ueber Tiere lernt man oft nette Menschen kennen - und Eure Begegnung ist wieder ein Beispiel dafuer, dass es anscheinend keine Zufaelle gibt. Gute Energien zuehen sch gegenseitig an.
    Viele Gruesse, Birgit

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  2. Danke, liebe Birgit, für Deinen netten Kommentar.

    Ja, ich lerne viele Menschen kennen, wenn ich mit Senta unterwegs bin.
    Interessant ist es immer, wenn man gerade den trifft, den man eigentlich gesucht hat!

    Liebe Grüße über den Ozean
    Beate

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